14/1/2022

Prognosemodelle: von Daten zur Praxis

Vincenzo Tommaseo

Die Herausforderungen, mit denen der moderne Landwirt konfrontiert ist, sind vielfältig, weshalb der Einsatz fortschrittlicher Technologien zur Datenerfassung und -verwertung unverzichtbar ist. In diesem Sinne ist das Verständnis des Potenzials von Vorhersagemodellen und ihrer Funktionsweise eine Voraussetzung für diejenigen, die ihre Flächen professionell bewirtschaften wollen.

Der aktuelle Kontext

Der Klimawandel hat in den letzten Jahren zu einer Neuausrichtung der Schutzstrategien geführt, insbesondere für die Kulturen, bei denen die Bekämpfung zahlreicher Krankheiten und Insekten erforderlich ist. Aufgrund von abwechselnden Frösten und Dürren und dem Auftreten von reichlichen und schlecht verteilten Niederschlägen wird es unerlässlich, Krankheitsausbrüche und Insektenbefall vorherzusehen, um schnell zu reagieren und mögliche Schäden zu begrenzen. In den letzten Jahren ist das Interesse an Entscheidungsunterstützungssystemen (Decision Support Systems, DSS) auch aufgrund von Vorschriften (Richtlinie 2009/128/C) zur Reduzierung des Chemikalieneinsatzes im integrierten Pflanzenschutz gestiegen. Hinzu kommen alle anderen Verpflichtungen, die uns in Europa und darüber hinaus im Hinblick auf die ökologische Nachhaltigkeit auferlegt werden, wie z. B.: Green Deal, Agenda 2030, Pestizidpaket und Farm-to-Fork-Strategien. All dies geschieht in einem Kontext, in dem die landwirtschaftlich genutzte Fläche und die Zahl der Moleküle für die Bekämpfung von Krankheitserregern und phytophagen Schädlingen abnehmen, die Luftverschmutzung und die Bodenerosion zunehmen sowie die Zahl und Schwere von Krankheiten und Insekten aufgrund des nicht-rationalen Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und der Globalisierung zunehmen; ganz zu schweigen von der Zunahme der Weltbevölkerung, die dazu führen wird, dass alle Akteure des Agrar- und Ernährungssystems in naher Zukunft die Quantität und Qualität der Lebensmittel steigern müssen.

Was ist ein Modell?

Ein Pflanzenkrankheitsmodell ist eine Vereinfachung eines realen Systems, das aus dem Erreger/phytophagen Agens, der Wirtspflanze und der Umwelt besteht. Modelle werden in der Epidemiologie verwendet, um Epidemien und ihre Komponenten zu beschreiben, zu verstehen, vorherzusagen und zu vergleichen. Eine praktische Hilfe für die Landwirte ist die Krankheitsvorhersage, die ein Abschätzungsprozess für zukünftige, vergangene, gegenwärtige oder unbekannte Situationen ist.

Für die Entwicklung von Vorhersagemodellen werden allgemeine Klimadaten wie Mindest-, Durchschnitts- und Höchsttemperatur und relative Luftfeuchtigkeit, täglicher und monatlicher Niederschlag und Anzahl der Regentage, Windgeschwindigkeit und -dauer, Taupunkt, Sonnenstunden als Input benötigt. Je nach Komplexität der Daten werden auch historische Klimadaten (z.B. es. auf base 30 Jahre) verwendet. Darüber hinaus können auch Daten über Kulturpflanzen und Schädlinge (Krankheitserreger und/oder Phytophagen) angefordert werden. So können beispielsweise folgende Parameter verwendet werden: für Pflanzen - Blattfeuchte, Pflanzendichte, phänologische Stadien, maximaler Blattflächenindex, Dampfdruckdefizit, Nettostrahlungsintensität über und unter dem Kronendach, anfällige phänologische Stadien; für pilzliche Krankheitserreger - die Geschwindigkeit der Sporenfreisetzung, Reifung und Keimung, ihre Anzahl auf den Blättern, die Menge an primärem und sekundärem Inokulum und die Kolonisierungsrate. Bei Insekten (es. L. botrana an Rebstöcken) - Flugzeiten der männlichen Individuen (ermittelt mit Pheromonfallen) und Verteilung der männlichen Fänge zwischen den Generationen.

Wie und wo werden sie in der Landwirtschaft eingesetzt?

Die Anwendungsbereiche in der Landwirtschaft sind vielfältig und reichen von Pflanzenwachstum und -entwicklung über Pflanzenproduktivität und Wasserhaushalt bis hin zum Schutz vor biotischen und abiotischen Widrigkeiten.

Da die Qualität und die Rechenleistung von Computern von Tag zu Tag besser werden, werden Modelle zunehmend in DSS integriert, d. h. in Instrumente, die den Nutzern bei taktischen und operativen Entscheidungen im Pflanzenschutz helfen, um Pflanzenschutzanwendungen im Rahmen von Verteidigungsstrategien besser zu planen. Die Modelle können auch Teil lokaler Seuchenwarnsysteme sein (z. B. regionale Pflanzenschutzwarte usw.). Die Verwendung von Prognosen für den Pflanzenschutz gegen Pilzkrankheiten und -schädlinge ist nicht so neu (es. 3-10-Regel für die Rebfäule und 10-Regel für die Tomatenfäule).

Vorteile und Nachteile

Die Hauptvorteile von DSS sind die Möglichkeit, verschiedene Szenarien zu analysieren, physikalische und biologische Prozesse besser zu verstehen, Manipulationen am realen System vorzunehmen, um Hypothesen über dessen Funktionsweise zu testen, die Auswirkungen möglicher externer Eingriffe zu bewerten, um das Verhalten des Systems zu ändern, den Datenaustausch zu erleichtern und eine bessere Nutzung von Daten und Ressourcen zu ermöglichen. Im Gegenteil, die kritischen Aspekte bestehen in einer Nutzung, die oft durch die Entwicklung von Softwarepaketen und die Notwendigkeit, Verfahren in verschiedenen Jahren zu testen und zu validieren, eingeschränkt ist.

Die Prognosemodelle von xFarm Lab

Im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes ist der Einsatz von Prognosemodellen ein wertvolles Instrument, mit dem das "nützliche Zeitfenster" ermittelt werden kann, innerhalb dessen eine Behandlung bei der Bekämpfung des Zielerregers/Phytophagen am wirksamsten und effizientesten sein kann. Dies führt zu einer rationelleren und effizienteren Entscheidungsfindung und minimiert somit die Anzahl der Anwendungen und der in das System eingebrachten Mittel. Die Prognosemodelle von xFarm Lab wurden konzipiert, entwickelt, kalibriert und validiert, um Landwirten und ganzen Lieferketten ein zusätzliches technisches Instrument an die Hand zu geben, das die anderen bereits verfügbaren Instrumente (es. agronomisch, biologisch, physikalisch, chemisch) nicht einfach nur ergänzt, sondern sie alle koordiniert, um die Effizienz und Wirksamkeit von Schutzstrategien und Anbautechniken zu erhöhen und so die Qualität und Quantität der Produktion zu steigern.

Dieses Konzept gilt für Landwirte mit kleinen Anbauflächen ebenso wie für Agrar- und Lebensmittelketten, die die Möglichkeit haben, die positiven Auswirkungen einer rationellen und effizienten Ressourcenbewirtschaftung in großem Maßstab zu verstärken.

Das Hauptziel von xFarm Lab ist die Unterstützung des gesamten Agrar- und Ernährungssystems durch die Digitalisierung und die in der Landwirtschaft eingesetzten Technologien, um die Nachhaltigkeit der Produktionsprozesse in agronomischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu gewährleisten.

Referenzen

Dubey, P.K., Singh, G.S., Abhilash, P.C. (2019). Adaptive agricultural practices: Building resilience in a changing climate. Springer.

Pertot, I.; Caffi, T.; Rossi, V.; Mugnai, L.; Hoffmann, C.; Grando, M.S.; Gary, C.; Lafond, D.; Duso, C.; Thiery, D.; Mazzoni, V.; Anfora, G. (2016). Eine kritische Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln zur Reduzierung des Pestizideinsatzes bei Weinreben und neue Perspektiven für die Umsetzung von IPM im Weinbau. Crop Protection, (), S0261219416303489-.

Rossi, V., Giosuè, S., Caffi, T. (2010). Modeling plant diseases for decision making in crop protection. In Precision crop protection-the challenge and use of heterogeneity (pp. 241-258). Springer, Dordrecht.

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